Natur des Jahres 2023 – Teil 1

Insektenreiche Wiesen dringend gesucht - Das Braunkehlchen ist „Vogel des Jahres 2023“ 
Das Braunkehlchen (Saxicola rubetra) ist stark gefährdet und steht fast in ganz Europa auf der Roten Liste. Als Langstreckenzieher hat es mehr als 5.000 km hinter sich, wenn es im April aus dem tropischen Afrika zu uns kommt. Hier sucht es nach blütenreichen Wiesen und Brachen, um in Bodennestern aus Moos, Gräsern und Halmen zu brüten. Von Ansitzwarten aus jagt es Insekten, Spinnen, Würmer und kleine Schnecken, im Sommer ergänzen auch Beeren den Speiseplan. Im September macht es sich wieder auf die Reise nach Afrika. Seine Gefährdung liegt neben dem Mangel an geeigneten Brutplätzen auch an durch die intensive Flächennutzung nicht ausreichend zur Verfügung stehenden Nahrungstieren.

 

Durch den Klimawandel bedroht - Das Herzblättrige Zweiblatt ist „Orchidee des Jahres 2023“ 
Das Herzblättrige Zweiblatt (Neottia oder Listera cordata) zeichnet sich durch zwei herzförmige, am unteren Teil des Stängels gegenüberstehende Blätter aus. Der Blütenstand hat fünf bis zehn locker angeordnete, kleine, gelbgrüne oder rötliche Blüten. Die Art blüht von Ende Mai bis Juli. Luftfeuchte Nadelforste mit moosigen Untergründen sind der Lebensraum der kleinwüchsigen Orchidee, die durch zurückgehende Regenmengen, Borkenkäferplagen und das Absterben ganzer Fichtenbestände teilweise bereits vom Aussterben bedroht ist.

 

Braucht blütenreiche magere Wiesen - Das Ampfer-Grünwidderchen ist „Schmetterling des Jahres 2023“
Mit der Wahl des Ampfer-Grünwidderchens (Adscita statices) soll auf die negativen Folgen der intensiven Landwirtschaft und den Rückgang von artenreichem Grünland aufmerksam gemacht werden. Die Raupen fressen Sauerampfer, der von der Landwirtschaft bekämpft wird. Auch dem erwachsenen Falter mangelt es an Nahrung: er saugt Nektar auf mageren Wiesen an Kuckucks-Lichtnelke, Disteln und Flockenblumen, die in stark gedüngtem Grünland gegen schnell wachsende Gräser kaum eine Chance haben. Auch Wegränder und Böschungen werden durch häufige und unsachgemäße Mahd vielfach zerstört.


Die Pionierin - Die Moorbirke ist „Baum des Jahres 2023“ 
Die Moorbirke (Betula pubescens) kann als Pionierbaum schnell baumfreie, rohe Böden besiedeln, bevor die späteren Waldbäume heranwachsen. Sie bluht bereits im Alter von fünf bis zehn Jahren und bildet große Mengen geflügelter Samen, die vom Wind weit getragen werden. Ihre Laubkrone ist lichtdurchlä ssig, so dass das Heranwachsen anderer Baumarten
kaum behindert wird. Doch sind in Deutschland über 90 Prozent der ursprünglichen Moorflächen entwässert. Dabei sind diese nicht nur Artenschützer, sondern auch wertvolle
Kohlenstoffspeicher. Die Wiedervernä ssung bietet eine große Chance fü r den Klimaschutz.Langer Schwanz und schwarze Maske.

 

Der Gartenschläfer ist „Wildtier des Jahres 2023“
Erkennbar ist der Gartenschläfer (Eliomys quercinus) an seiner Gesichtsmaske, einem schwarzen Band um die großen Augen und langen Ohren. Der lange Schwanz hilft, beim Klettern das Gleichgewicht zu halten. Ursprünglich ist der Nager in felsigen und steinigen Nadel- und Mischwäldern zu Hause. Inzwischen lebt er aber auch in Parks und Gärten. Er ist nachtaktiv und verschläft die Tage in Hecken, Mauerspalten oder Schuppen. Von Oktober bis März hält er Winterschlaf. In den letzten Jahren ist sein Verbreitungsgebiet in Europa um etwa 50 Prozent geschrumpft, weil er in Waldmonokulturen nicht genug Deckung und Nahrung
findet, in der Stadt lauern Gefahren wie Hauskatzen, Rattengift und offene Regentonnen.

 

Vielseitiger Nutzen für die Gesundheit - Die Weinrebe ist „Heilpflanze des Jahres 2023“
Weinreben (Vitis vinifera) gehören zu den ältesten Kulturpflanzen überhaupt. Die Verwendbarkeit von Blättern, Früchten und Kernen bietet ein großes Spektrum an Wirk- und Inhaltsstoffen wie Vitamin B6, Folsäure (in den Weintrauben), Flavonoide, Anthocyane und Gerbstoffe. Die Kombination dieser Wirkstoffe wird traditionell bei der chronisch venösen Insuffizienz angewendet. Um klassischen Problemen mit der Durchblutung im Alter
vorzubeugen, wird der regelmäßige Genuss von Tee auf Basis von Weinreben-Blättern oder das Einreiben der Beine mit speziellen Gels oder Salben empfohlen.

 

Bewohner stiller Waldweiher- Der Kleine Wasserfrosch ist „Lurch des Jahres 2023“ 

Der Kleine Wasserfrosch (Rana lessonae) bevorzugt vegetationsreiche, kleinere, nährstoffarme Gewässer wie Gräben, Tümpel bis zu Waldmoorweihern. Zur Nahrungssuche und Überwinterung begeben sich Wasserfrösche auch weit über Land. Die Paarungszeit reicht von April bis Juli. Der Kleine Wasserfrosch ist derzeit nicht im Bestand gefährdet. Da er nährstoffarme Gewässer bevorzugt, ist er aber von der allgemeinen Nährstoff-Überfrachtung durch Verkehr, Industrie und Landwirtschaft betroffen. Die Art ist europaweit geschützt nach FFH-Richtlinie und streng geschützt nach Bundesnaturschutzgesetz